Growth Mindset: Wachstumsdenken von Schüler*innen
Unser Denken prägt unser Handeln – und damit auch unseren Lernerfolg. Besonders im schulischen Kontext zeigt sich, wie entscheidend unsere innere Einstellung für den Umgang mit Herausforderungen ist. Während einige Kinder bei Misserfolgen schnell aufgeben, sehen andere darin eine wertvolle Chance: Sie bleiben dran, analysieren ihre Fehler und wachsen daran. Diese positive, lernfördernde Denkweise wird als Growth Mindset – auf Deutsch Wachstumsdenken – bezeichnet.
Was ist ein Growth Mindset?
Das Konzept des Growth Mindset wurde in den 1980er Jahren von der US-amerikanischen Psychologin Carol Dweck entwickelt. Ihre Forschung drehte sich um die Frage, warum Schüler*innen so unterschiedlich auf Misserfolge und Schwierigkeiten reagieren. Dweck stellte fest, dass zwar alle Menschen unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen. Jedoch könne jede*r wachsen – und Menschen mit Growth Mindset schöpfen ihr Potential aus und erreichen deshalb eher ihre Ziele.
Growth Mindset im Schulalltag
Ein Growth Mindset macht besonders im schulischen Umfeld einen erheblichen Unterschied. Schüler*innen mit dieser Haltung betrachten Fehler nicht als Beweis des eigenen Versagens, sondern als Lernchancen. Sie zeigen mehr Ausdauer, sind motivierter und entwickeln mit der Zeit mehr Selbstvertrauen.
Wie oft hat man zum Beispiel schon von Schüler*innen gehört, die denken, sie könnten Mathe einfach nicht. Ein Kind mit Growth Mindset, dass an einer schwierigen Aufgabe arbeitet, würde stattdessen denken: „Ich verstehe das noch nicht. Aber wenn ich übe und mir Hilfe hole, kann ich es lernen.“
Diese Unterschiede in der Denkweise führen zu:
Growth Mindset vs. Fixed Mindset
Die Psychologin Carol Dweck hat zwei grundlegende Arten des Denkens identifiziert: das Fixed Mindset (statisches Denken) und das Growth Mindset (Wachstumsdenken). Beide Ansätze haben weitreichende Auswirkungen – auf den Schulalltag und darüber hinaus.
Fixed Mindset: Alle Fähigkeiten sind angeboren?
Menschen mit einem Fixed Mindset glauben, dass Eigenschaften wie Intelligenz, Talent oder Disziplin weitgehend angeboren und unveränderlich sind. Diese Denkweise führt häufig dazu, dass sie Herausforderungen meiden, Fehler fürchten und sich durch Kritik entmutigen lassen.
Typische Merkmale eines Fixed Mindsets:
Schüler*innen mit dieser Einstellung lernen oft für eine gute Note, nicht für sich selbst. Aus Angst vor Kritik oder Scham probieren sie Neues gar nicht erst aus. Dadurch schöpfen sie ihre Möglichkeiten nie komplett aus, um sich weiterzuentwickeln.
Growth Mindset: Alles ist lernbar!
Im Gegensatz dazu steht das Growth Mindset. Menschen mit dieser Haltung glauben, dass man durch Anstrengung, Übung, Feedback und Ausdauer alles im Leben erreichen kann – ganz unabhängig von ihren Eigenschaften und bisherigen Fähigkeiten.
Typische Merkmale eines Growth Mindsets:
Im Unterricht zeigt sich oft schnell, welche Denkweise die Schüler*innen haben. Zum Beispiel, wenn ein*e Schüler*in einen Vortrag halten soll. Vor Nervosität gelingt es kaum, einen Satz klar auszusprechen. Mit einem Fixed Mindset denkt sie oder er: „Ich bin einfach nicht gut im Präsentieren“, und wird zukünftige Vorträge wahrscheinlich eher vermeiden. Mit einem Growth Mindset würde die Person konstruktiv mit der Situation umgehen: Sie würde überlegen, wie sie ihre Nervosität überwinden kann, das Sprechen vor anderen üben und ihre Lehrkraft um Unterstützung bitten. Das alles führt dazu, dass es beim nächsten Vortrag besser klappt.
Ein Growth Mindset hilft Schüler*innen nicht nur, angstfrei und motiviert zu lernen. Es gibt ihnen auch das Vertrauen in die eigene Entwicklung – ein entscheidender Faktor für schulischen und persönlichen Erfolg. Diese Denkweise stärkt ihre Selbstwirksamkeit, erhöht die Frustrationstoleranz und begleitet sie ein Leben lang: beim Lernen, im Beruf und im Umgang mit persönlichen Herausforderungen.
Tipps, um das Growth Mindset in der Schule zu fördern
Das heutige Schulsystem ist stark leistungsorientiert und oft auf Noten fokussiert. Fehler und Niederlagen werden dabei häufig als Scheitern gewertet – und nicht als Teil eines natürlichen Lernprozesses. Genau hier liegt eine große Herausforderung: Wie kann man eine Haltung fördern, die Lernende ermutigt, über sich hinauszuwachsen, selbst wenn sie scheitern?
Trotz der Rahmenbedingungen hast du als Lehrkraft einen enormen Einfluss auf deine Klasse. Du kannst deinen Schüler*innen helfen, an sich selbst zu glauben – indem du ihnen ein Growth Mindset nicht nur vermittelst, sondern auch vorlebst. Wir zeigen dir hier ein paar Tipps für dich, wie du das Growth Mindset deiner Schüler*innen im Unterricht stärken kannst.
Fehler als Helfer begreifen
Fehler passieren – und das ist gut so! Denn sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern ein wichtiger Teil des Lernens. Entscheidend ist nicht, ob Fehler gemacht werden, sondern wie man mit ihnen umgeht. Genau hier setzt das Growth Mindset an.
Um das Growth Mindset im Unterricht einzuführen, ist es sinnvoll, zuerst die Grundidee zu erklären: Was bedeutet es eigentlich? Und worin unterscheidet es sich vom sogenannten Fixed Mindset?
Ein guter Einstieg kann über inspirierende Zitate gelingen – zum Beispiel:
„Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.“
„Wer nie einen Fehler gemacht hat, hat nie etwas Neues ausprobiert.“
Diese Sätze verdeutlichen: Lernen ist ein Prozess voller Herausforderungen – und wer bereit ist, sich auf Neues einzulassen, wird wachsen.
Darauf aufbauend solltest du deinen Schüler*innen vermitteln, wie ihre Gedanken ihr Handeln bestimmen können. Hilf ihnen dabei, ihre eigene Denkweise besser einzuschätzen. Zudem solltest du ihnen anhand von konkreten Beispielen zeigen, dass Fehler Helfer sind.
Unser Tipp: Du musst das Rad nicht neu erfinden! Es gibt viele Unterrichtsmaterialien zum Growth Mindset, die du nutzen kannst, zum Beispiel in unserer kostenlosen Unterrichtsmaterialdatenbank.
Ermutigung statt Bewertung
Ein wichtiger Schritt zur Förderung des Growth Mindsets im Unterricht ist der bewusste Umgang mit Sprache. Denn Schüler*innen wachsen nicht durch Bewertungen, sondern durch Ermutigung. Die Art, wie du ihnen Feedback gibst, beeinflusst maßgeblich, wie sie über ihre Fähigkeiten denken.
Statt allein auf Leistung oder Talent zu schauen, sollte dein Fokus auf Anstrengung und Entwicklung liegen. Schon kleine sprachliche Änderungen können dabei eine große Wirkung entfalten:
Durch solche Formulierungen erleben Schüler*innen Selbstwirksamkeit – sie verstehen, dass ihr Einsatz zählt und dass sie sich weiterentwickeln können.
Um das im Unterricht zu berücksichtigen, gibt es viele Möglichkeiten. Hier sind ein paar Beispiele:
Gemeinsam zum Lernziel mit den richtigen Strategien
Neben positiver Rückmeldung spielt die Förderung individueller Lernstrategien eine zentrale Rolle im Aufbau eines Growth Mindsets. Schüler*innen sollen lernen, über ihr Lernen nachzudenken – in Form von Selbstreflexion oder im Gespräch mit der Lehrkraft.
Ja, das bedeutet mehr Aufwand für dich. Aber du entscheidest, was dir im Unterricht wichtig ist – möchtest du nur Inhalte vermitteln oder deinen Schüler*innen etwas fürs Leben mitgeben? Ein wachstumsorientierter Unterricht verändert zudem nicht nur die Einstellung deiner Schüler*innen, sondern auch die Atmosphäre im Klassenzimmer spürbar positiv.
Individuelle Stärken fördern
Das gilt insbesondere für neurodivergente Schüler*innen, deren Lernwege oft nicht linear verlaufen. Sie benötigen eine Umgebung, die sie nicht auf Defizite reduziert, sondern ihre Stärken sichtbar macht und weiterentwickelt.
Fazit: Growth Mindset leben und lehren
Ein Growth Mindset zu fördern bedeutet, deine Schüler*innen zu ermutigen, an sich selbst zu glauben. Wer versteht, dass Fähigkeiten wachsen können, lernt mit mehr Motivation, Resilienz und Freude. Für Lehrkräfte heißt das: Mit der richtigen Haltung, Sprache und Unterrichtsgestaltung kannst du entscheidend dazu beitragen, dass aus Herausforderungen Lernchancen werden. Bereits kleine Veränderungen in deinen Rückmeldungen oder im Umgang mit Fehlern können eine große Wirkung zeigen. So schaffst du ein positives Lernumfeld, in dem alle wachsen dürfen – Schritt für Schritt.
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