Bildungssprachliche Kompetenzen mit sprachsensiblem Unterricht fördern

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Sprachsensibler Unterricht für größere Lernerfolge
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Sprachsensibler Unterricht für größere Lernerfolge

Die Basis für eine erfolgreiche Wissensvermittlung ist Kommunikation. Wie du mit Sprache umgehst, entscheidet darüber, ob deine Anweisungen und die vermittelten Inhalte bei den Schüler*innen ankommen. Wortwahl, Grammatik, Satzbau – all das kann dazu beitragen, verständlich zu kommunizieren. Ein bewusster Umgang mit Sprache kann die Lernatmosphäre deutlich verbessern.

Vor allem durch den Zuwachs an Schüler*innen mit Migrationshintergrund wird vielen Lehrkräften bewusster, dass sich Bildungssprache von der Alltagssprache unterscheidet. Das macht sprachliche Hürden im Unterricht umso deutlicher: Aufgabenstellungen, Sachtexte, mathematische Formeln – die Sprache im Unterricht beinhaltet ganz neue Vokabeln, Zeichen und Muster. Mithilfe von sprachsensiblem Unterricht können Lehrkräfte allen Schüler*innen dabei helfen, diese Bildungssprache beispielsweise in der Grundschule zu erlernen oder in höheren Klassen zu vertiefen.

Bildungssprache im Unterricht

Kommunikation hat viele Facetten. Vor allem im Unterricht wird nicht nur gesprochen und geschrieben, sondern auch nonverbal mithilfe von Symbolen und Bildern kommuniziert. Im Matheunterricht gibt es beispielsweise Formeln und generell helfen im Unterricht Handzeichen, um mehr Klarheit zu schaffen und für weniger Unterrichtsstörungen zu sorgen.

Während deine Schüler*innen in ihrer Freizeit primär Alltagssprache nutzen, sieht das im Unterricht anders aus. Hier kommen Fachsprache und Unterrichtssprache hinzu.

Während die Fachsprache zum Beispiel in Sachtexten oder Definitionen bestimmte Fachbegriffe verwendet, wird in der Unterrichtssprache oft auf bestimmte Ausdrucksweisen für beispielsweise Anweisungen zurückgegriffen.

Laut dem Didaktiker Josef Leisen vereint Bildungssprache die Fach-, Schul- und Alltagssprache. Sie ist die Grundlage für das Lehren und Lernen. Bildungssprache hilft dabei, Fachwissen in einen sinnstiftenden Kontext zu übersetzen, zu konkretisieren und greifbar zu machen. Sie orientiert sich an der Schriftsprache, wird aber auch gesprochen.

Ein Beispiel aus dem Unterricht ist die Beschreibung eines Wasserkreislaufs. Während der Prozess in der Alltagssprache vereinfacht beschrieben wird, werden in der Bildungssprache Fachbegriffe genutzt und die Abläufe präziser erklärt.

  • Alltagssprache: „Wasser verdunstet, wenn es warm ist, steigt nach oben, wird zu Wolken und fällt als Regen wieder runter.“
  • Bildungssprache: „Durch Sonneneinstrahlung verdunstet Wasser aus Meeren, Seen und Flüssen und steigt als Wasserdampf in die Atmosphäre. Dort kondensiert es zu Wolkentröpfchen, die sich zu Wolken verdichten. Bei entsprechender Sättigung kommt es zur Niederschlagsbildung, wodurch das Wasser in Form von Regen, Schnee oder Hagel auf die Erdoberfläche zurückkehrt.“

Sprachsensibler Unterricht ist in allen Fächern wichtig

Sprachsensibler Unterricht basiert auf der Erkenntnis, dass fachliches und sprachliches Lernen untrennbar miteinander verbunden sind. Sprache ist nicht nur ein Medium zur Vermittlung von Wissen, sondern auch ein zentraler Lerngegenstand – nicht nur im Deutschunterricht, sondern in allen Fächern.

Sprachliche Herausforderungen im Unterricht

In jedem Fach gibt es sprachliche Hürden, die für Schüler*innen herausfordernd sein können. Dazu gehören:

  • Fachspezifische Begriffe, die selten in der Alltagssprache verwendet werden (z. B. „Fotosynthese“ in Biologie oder „Hypotenuse“ in Mathematik)
  • Komplexe Satzstrukturen, insbesondere in Lehrbuchtexten oder wissenschaftlichen Erklärungen
  • Verdichtete Informationen, die nicht nur in Texten, sondern auch in Tabellen, Diagrammen oder Grafiken enthalten sind
  • Hohe Anforderungen an das Leseverständnis, insbesondere bei Sachtexten, die mehrere Abstraktionsstufen enthalten

Tipps für einen sprachsensiblen Unterricht

Sprachsensibler Unterricht ermöglicht es allen Schüler*innen, nicht nur fachliche Inhalte besser zu verstehen, sondern auch ihre sprachlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Wir haben ein paar Tipps für dich, worauf du generell achten kannst.

Sprachsensibler Unterricht für größere Lernerfolge
Abbildung 1: 6 Tipps für einen sprachsensiblen Unterricht (eigene Darstellung)

Absprache mit Kolleg*innen

Führe Gespräche mit der Klassenleitung oder der Deutschlehrkraft, um die sprachlichen Kompetenzen der Schüler*innen besser einzuschätzen. Das kann dir dabei helfen, den Unterricht vorzubereiten und zum Beispiel passendes Unterrichtsmaterial auszuwählen.

Sprache an die Klasse anpassen

Berücksichtige die sprachliche Heterogenität der Schüler*innen. Verwende eine klare und verständliche Sprache, ohne auf inhaltliche Präzision zu verzichten. Ein paar Beispiele:

  • Formuliere Arbeitsaufträge konkret und eindeutig.
  • Verwende offene Fragen, um das Verständnis zu überprüfen.
  • Ersetze unklare Begriffe durch konkretere Formulierungen. So wird aus „Materialien auf den Tisch“ die Anweisung „Stift, Schreibblock und Schulbuch auf den Tisch.“

Geeignete Unterrichtsmaterialien wählen

Achte darauf, dass die Texte, Aufgaben und Materialien dem Wortschatz und dem Sprachniveau der Lernenden entsprechen. Ergänze schwierige Begriffe mit Erklärungen oder Visualisierungen.

Unterschiedliche Darstellungsformen nutzen

Vermittle die Lerninhalte auch mithilfe von Bildern, Diagrammen oder Mindmaps, um Informationen anschaulicher zu machen. Nutze auch mündliche Erklärungen oder erarbeitet Fachbegriffe gemeinsam.

Sprachliche Herausforderungen bewusst einbinden

Die sprachlichen Anforderungen sollten leicht über dem Vorwissen der Schüler*innen liegen, um sie zu fordern, aber nicht zu überfordern.

Hilfsmittel bereitstellen

Du kannst die Entwicklung der fachsprachlichen Kompetenzen deiner Schüler*innen ebenfalls durch Hilfsmittel unterstützen:

  • Glossare mit Fachbegriffen
  • Satzbausteine für schriftliche Aufgaben
  • Visualisierungen und Beispiele
  • Kooperative Lernformen (z. B. Partnerarbeit zur Begriffsfindung)
  • Musterlösungen

Beispiele für sprachsensiblen Unterricht

Damit Schüler*innen in der Schule erfolgreich sind, müssen sie die Bildungssprache beherrschen. Sie benötigen sie, um Sachtexte zu verstehen, Zusammenhänge zu erkennen und eigene Texte zu erstellen. Doch Bildungssprache ist oft komplexer als die Alltagssprache und stellt insbesondere für sprachlich schwächere Lernende eine Herausforderung dar.

Um deinen Schüler*innen den Zugang zur Bildungssprache zu erleichtern, gibt es verschiedene Methoden. Hier sind einige Beispiele, worauf du bei der Unterrichtsplanung und im Unterricht achten kannst.

Sachtexte passend zur Klasse auswählen

Damit Sachtexte verständlich und zielführend sind, sollten sie an das Sprachniveau und die Vorkenntnisse der Schüler*innen angepasst werden.

  • Angemessener Umfang: Der Text sollte weder zu kurz noch zu umfangreich sein, um eine Unter- oder Überforderung zu vermeiden.
  • Einheitliche Fachbegriffe: Begriffe sollten konsistent verwendet werden und mit denen übereinstimmen, die bereits im Unterricht eingeführt wurden.
  • Klare Struktur: Ein roter Faden hilft den Schüler*innen, den Inhalt besser zu erfassen. Zwischenüberschriften, Absätze und Hervorhebungen können die Lesbarkeit verbessern.
  • Alltagsnahe Beispiele: Konkrete Anwendungsbeispiele erleichtern das Verständnis und helfen, Fachbegriffe in einen Kontext zu setzen.
  • Fokus auf das Wesentliche: Unnötige Informationen können verwirren oder vom eigentlichen Lernziel ablenken.

Unser Tipp: Falls passende Texte fehlen, kann eine KI zur Erstellung genutzt werden. Sprich aber am besten vorab über die Nutzung mit der Schulleitung und achte auf den Datenschutz.

Plakate und Mindmaps als visuelle Hilfestellungen erstellen

Visuelle Darstellungen helfen Schüler*innen, sich Lerninhalte besser einzuprägen und Zusammenhänge zu erkennen. Du kannst Mindmaps und Plakate beispielsweise zur Erarbeitung eines Themas einsetzen.

Bei der Einführung eines neuen Themas aktivierst du mit Mindmaps das Vorwissen der Schüler*innen. Im Laufe der folgenden Unterrichtseinheiten können neue Informationen schrittweise ergänzt werden. Die übersichtliche Struktur hilft dabei, Gelerntes zusammenzufassen und thematische Querverbindungen herzustellen.

Wenn sich die Schüler*innen aktiv mit einem Thema auseinandersetzen, kann die Erstellung von Plakaten hilfreich sein. Sie unterstützen das Verständnis komplexer Zusammenhänge und ermöglichen eine anschauliche Auseinandersetzung mit dem Thema.

Ausformulieren von Gedanken üben

Um das Sprachbewusstsein zu schärfen und den Ausdruck zu verbessern, sollten Schüler*innen regelmäßig üben, ihre Gedanken strukturiert auszudrücken.

  • Mündlich: In Partnerarbeit oder im Austausch mit der ganzen Klasse können Schüler*innen ihre Argumentationen formulieren und reflektieren
  • Schriftlich: Einzelarbeit fördert die eigenständige Auseinandersetzung mit Sprache und stärkt die Schreibkompetenz
  • Gezielte Förderung des sprachlichen Ausdrucks: Zum Beispiel durch Umformulierungsübungen oder das gezielte Einsetzen von Fachbegriffen in Sätzen

Fazit: Sprachsensibler Unterricht nimmt alle Schüler*innen mit

Sprachsensibler Unterricht verbessert die Bildungschancen aller Schüler*innen. Durch gezielte sprachliche Unterstützung können Lernende die Fachsprache sicherer anwenden und Unterrichtsinhalte besser verstehen. So gelingt nicht nur eine tiefere inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Lernstoff, sondern auch eine langfristige Förderung sprachlicher Kompetenzen – eine wichtige Grundlage für schulischen und beruflichen Erfolg.

FAQ zu sprachsensiblem Unterricht

Was versteht man unter sprachsensiblem Unterricht?

Sprachsensibler Unterricht verbindet fachliches und sprachliches Lernen, indem er gezielt sprachliche Hürden abbaut und Schüler*innen beim Erwerb der Bildungssprache unterstützt.

Welche Vorteile hat sprachsensibler Unterricht?

Sprachsensibler Unterricht verbessert das Textverständnis, erleichtert die Anwendung von Fachsprache und fördert die aktive Teilnahme am Unterricht. Dadurch haben alle Schüler*innen – unabhängig von ihrer sprachlichen Vorbildung – bessere Bildungschancen.

Quellen

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