Umgang mit schwierigen Schülern

Lesezeit:  16 Minuten
Letztes Update:  16.05.2025

Stehst du vielleicht auch gerade vor dem Start ins Praxissemester oder in den Vorbereitungsdienst? Und hast dir dabei schon einmal folgende Fragen gestellt: Wie gehe ich mit herausfordernden Schülerinnen und Schülern um? Was mache ich, wenn ein Kind stört? Sollte ich Druck ausüben – oder lieber das Gespräch suchen? Und hilft eigentlich der schulpsychologische Dienst – oder kommt der nur bei Drama Deluxe?

Zugegeben: Der Umgang mit schwierigen Schüler*innen ist einer der wichtigsten (und womöglich nervenaufreibendsten) Aspekte des Lehrerberufs – und trotzdem kommt er im Studium oft zu kurz. Dabei kann der Unterricht noch so gut geplant sein: Wenn Störungen überhandnehmen, leidet die Qualität. Und deine Nerven gleich mit.

Umgang mit schwierigen Schülern

Umgang mit schwierigen Schülern: Sie sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen

Damit du mit mehr Klarheit und weniger Schweißperlen auf der Stirn ins Klassenzimmer gehst, haben wir praxiserprobte Tipps und Sofortmaßnahmen für dich zusammengestellt – direkt von erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern.

Gemeinsame Regeln – statt einsamer Frontalbefehle

Störungen lassen sich deutlich reduzieren, wenn du mit deiner Klasse gemeinsam Regeln zum Miteinander entwickelst.

Worauf du achten solltest:

  • Kurz, klar und verständlich formulieren
  • Positive Formulierungen („Ich höre zu“) statt Verbote („Du sollst nicht reinrufen“)
  • Ich-Regeln statt Man-Regeln – das macht es persönlicher
  • Weniger ist mehr: Fünf gute Regeln reichen oft völlig aus
  • Regeln und Konsequenzen am besten gemeinsam mit den Schüler*innen vereinbaren.
  • Vereinbaren, dass nicht nur du auf die Einhaltung der Regeln achtest, sondern die gesamte Klasse

Konsequenzen bei Regelverstößen sollten keine "Strafen mit erhobenem Zeigefinger" sein, sondern hilfreiche Wiedergutmachungen. Ziel ist die Wiederherstellung eines guten Miteinanders – nicht der Aufbau eines Bestrafungskatalogs à la Hogwarts-Disziplinarkammer.

Lautes Hineinrufen – der Klassiker unter den Störungen

Ein Schüler ruft rein. Noch einer. Und zack – du fühlst dich wie der Moderator einer schlechten Spielshow.

Was hilft:

  • Klare Regeln aufstellen („Wir melden uns, wenn wir etwas sagen wollen.“)
  • Dazwischenrufende Schüler nicht sofort maßregeln, sondern ignorieren – und stattdessen bewusst die drannehmen, die sich melden
  • Wenn das nicht reicht: Visuelles Signal, z. B. ein Plakat mit der Regel, auf das du wortlos zeigst
  • Meldet sich der Schüler dann, sollte er auch drankommen – so entsteht ein klarer Zusammenhang zwischen Verhalten und Reaktion

Fazit: Aufmerksamkeit gibt’s nicht für Lautstärke – sondern für Respekt.

Ständiges Quatschen – Willkommen in der Plauderecke

Klar, nach dem Wochenende gibt es viel zu erzählen. Aber nicht während der stillen Lesephase oder deiner spannenden Mathe-Einführung in die Bruchrechnung (die eh schon keine Fans hat).

Strategie:
Frag freundlich nach: „Wie lange braucht ihr noch für euer Gespräch? Ich frage nur, damit ich weiß, wie lange ich die Stunde noch pausieren muss.“

Wirkung: Die Schülerinnen und Schüler merken, dass ihre Unterhaltung nicht unbemerkt bleibt – aber du bleibst gelassen. Und wenn sie wieder loslegen? „Entschuldigt, dass ich nochmal störe – ihr seid anscheinend noch nicht fertig.“ Trockener Humor wirkt manchmal Wunder.

Aggressive Auseinandersetzungen – jetzt ist Ruhe gefragt

Wenn’s laut oder sogar bedrohlich wird, brauchst du vor allem eines: innere Ruhe (auch wenn du innerlich gerne einen Notruf absetzen würdest).

Was zu tun ist:

  • Keine hektischen Bewegungen, kein lautes Schreien – sondern ruhige Stimme, klare Ansprache
  • Schüler*innen von der Klasse trennen, um die Situation zu deeskalieren
  • Keine Drohungen – sondern sachlich und lösungsorientiert bleiben
  • Körpersprache auf Augenhöhe: In einer solchen Situation solltest du besonders auf deine Körpersprache achten, da diese die weiteren Reaktionen der Schüler*innen beeinflussen kann. Nicht über die Schüler*innen aufregen, nicht mit dem Finger fuchteln
  • Machtkämpfe? Nein danke! Gespräch lieber beenden als sich in endlose Diskussionen zu verstricken

Und wenn sich Schüler*innen nicht einsichtig zeigen? Lass dich auf keinen Fall auf Machtkämpfe ein, sondern beende das Gespräch rechtzeitig. Wenn sich Schüler*innen kooperativ und einsichtig zeigen, sollte das von dir anerkannt werden und bei Gelegenheiten auch in späteren Gesprächen oder Berichten erwähnt werden. Lob wirkt Wunder – besonders wenn’s unerwartet kommt. Weitere Informationen zum Umgang mit Konflikten findest du hier.

Vier-Augen-Gespräche statt Fünf-Sätze-Strafen

Wenn Schüler*innen wiederholt stören, ist ein persönliches Gespräch oft Gold wert – bevor Sanktionen folgen.

Tipp: Nutze den Sechs-Schritte-Prozess:

  1. Beschreibe konkret die Situation (keine Vorwürfe!)
  1. Formuliere deine Wahrnehmung und Erwartung
  1. Lass den Schüler zu Wort kommen
  1. Sammelt gemeinsam Lösungsideen
  1. Trefft eine Vereinbarung
  1. Checkt später, ob’s geklappt hat

So werden die Schüler*innen vom Störenden zum Mitgestaltenden. Nicht immer sofort – aber oft überraschend nachhaltig.

Sanktionen – aber mit System

Erst reden, dann handeln. Erst Feedback, dann Konsequenz. Und das bitte transparent.

Was sich bewährt hat:

  • Strichliste führen bei wiederholten Störungen
  • Eine oder zwei Verwarnungen, bevor die Konsequenz kommt
  • Nachsitzen nur als letzte Maßnahme – nicht als erste Reaktion aus dem Bauch heraus (Achtung: Nachsitzen zählt zu Ordnungsmaßnahmen, die ein bestimmtes Vorgehen voraussetzen)

Smileyplan – Motivation durch Mimik

Der Smileyplan ist eine einfache und effektive Methode: Nach jeder Stunde bekommen die Schüler*innen Feedback lachender, neutraler oder trauriger Smiley. Nach einer Woche voller lachender Smileys winkt eine Belohnung: Selbstgewählte Belohnung, Jokeraufgabe, extra Sportstunde. Wer dagegen lauter „Heuleys“ gesammelt hat, bekommt eine ansprechende Herausforderung, z.B. im Wochenplan, oder eine Aufgabe, die für die Klasse oder die Schule einen wichtigen Beitrag leistet. Ein Hinweis am Rand: „Ein trauriger Smiley ist kein Weltuntergang – aber drei in Folge könnten ein Gespräch auslösen.“

Trainingsraum – wenn nichts mehr hilft

Das Trainingsraumprogramm ist eine gezielte und transparente Methode zur Unterstützung und Förderung des positiven Verhaltens der einzelnen Schüler*innen. Allerdings kann sie nicht von einer einzelnen Lehrkraft allein angewendet werden, sondern stellt vielmehr ein schulumfassendes Erziehungskonzept dar.

Die Maßnahme verläuft dabei immer nach demselben Muster und beginnt im Klassenzimmer. Wenn ein Schüler stört, fragst du ihn als Lehrkraft, was er gerade tut. Denn viele stören unbewusst. Dann fragst du weiter, an welche Regel er sich nicht hält, ob er im Raum bleiben möchte und was passiert, wenn er noch einmal stört. Die Fragen helfen dem Schüler, sich seiner aktuellen Lage bewusst zu werden.

Wenn der Schüler noch einmal stört, muss er den Raum verlassen und in den Trainingsraum gehen. Der Trainingsraum ist ein spezielles Zimmer, in dem den ganzen Tag eine geschulte Lehrkraft sitzt. Jeder Schüler spricht dann einzeln mit der Lehrkraft über den Vorfall. Es sollen keine Strafen ausgesprochen, sondern vielmehr dem Schüler die Problematik und alternative, günstigere Verhaltensweisen aufgezeigt werden. Im Anschluss wird mit dem Schüler ein Rückkehrplan ausgefüllt, in dem festgehalten wird, wie er gestört hat, gegen welche Regel er verstoßen hat, welche Folgen sein Verhalten hatte und welche alternativen Verhaltens-möglichkeiten es gegeben hätte.

Diese Methode im Umgang mit schwierigen Schülern ist sehr hilfreich, da sie dem störenden Schüler verdeutlicht, dass sein Verhalten negative Folgen hatte und es in Zukunft günstigere Verhaltensalternativen gibt.

Ampelsystem – Klarheit mit Farbe

Grün, Gelb, Rot – und keine Ausreden mehr.

Jeder Schüler startet auf Grün. Bei Störungen: Gelb, dann Rot. Es folgt eine kurze Auszeit, Reflexionsbogen und ggf. Aufgaben in einer anderen Klasse. Alles wird dokumentiert und die Eltern informiert. Klingt nach Bürokratie? Vielleicht. Aber es bringt Struktur – und viele Schüler*innen schätzen das. Und mal ehrlich: Wer will schon auf Rot landen, wenn’s auf Grün viel entspannter läuft?

Fazit

Herausgeforderte Schülerinnen und Schülern gibt’s in jeder Klasse – aber du musst kein Zauberer sein, um damit klarzukommen. Was du brauchst, ist Klarheit, Humor und ein gutes Repertoire an Strategien. Denn es kann sein, dass nicht jeder Tipp bei allen Schüler*innen hilft und du einiges probieren musst. Und wenn alles nichts hilft: Denk dran – auch der wildeste Schüler war mal ein süßes Baby. Vielleicht sogar ein richtig süßes.

Weitere Vorteile

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