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Giraffen und Wolfsprache – Konflikte richtig lösen

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Lesezeit:  6 Minuten

Streit im Klassenzimmer. Zwei Schüler*innen schreien sich auf dem Pausenhof laut an. Gemeine Worte fliegen. Manchmal kann das Ganze sogar in einer physischen Auseinandersetzung enden. Kinder und Jugendliche verbringen viel Zeit in der Schule und besonders unter so vielen Gleichaltrigen ist das Konfliktpotential hoch. Deshalb müssen sie nicht nur Mathe, Deutsch und Geschichte lernen, sondern auch, wie man einen Konflikt richtig löst. Als Lehrkraft ist es deine Aufgabe, den Schüler*innen neben den Unterrichtsinhalten ebenso wichtige Sozialkompetenzen zu vermitteln. Besonders in Konfliktsituationen kann dir dabei das Konzept der Giraffen- und Wolfssprache von Marshall B. Rosenberg helfen. Wir zeigen dir hier, was dahinter steckt und wie du es im Unterricht einbringen kannst.

(C) DESIGNERD. / Pexels

Die Giraffen- und Wolfssprache ist ein Konzept für gewaltfreie Kommunikation

Der Psychologe Marshall B. Rosenberg entwickelte das Konzept der gewaltfreien Kommunikation (GfK). Es fördert einen wertschätzenden Umgang, indem Kommunikation auf Augenhöhe stattfindet und nicht verletzend ist. Das hilft nicht nur dabei, Spannungen zu vermeiden, sondern ermöglicht ein schönes und leichtes Miteinander.

 Aber wie genau setzt man jetzt gewaltfreie Kommunikation um? Zur Veranschaulichung unterscheidet Rosenberg zwei Kommunikationsarten: Die Giraffensprache und die Wolfssprache.

Mit der Wolfssprache verletzen wir

Unter Wolfsprache versteht Rosenberg die Art Sprache, die unser Gegenüber verletzt. Wie bei einem Wolf, der seine spitzen Fangzähne in seine Beute bohrt, können auch bös gemeinte Worte unseren Gesprächspartner schwer verletzen. Mit der Wolfssprache beleidigen oder kritisieren wir andere mit unseren Worten. Solche Wölfe drohen, suchen Streit, weisen den anderen die Schuld zu oder lassen ihnen keine Wahl. Ihre Sprache ist von Angst, Wut und Enttäuschung geleitet.

 Zudem gehören Etikettierungen, Belohnungen und Themenklau zur Sprache der Wölfe.

  • Mit Etikettierung ist gemeint, dass wir jemand anderem vorschreiben, was für eine Art Mensch er ist, ihn also in eine Schublade stecken.
  • Wenn wir jemanden belohnen, oder ein Kompliment machen, dann tun wir das für ein aus unserer Sicht positives Verhalten - völlig egal, ob diese Einstellung auch der unseres Gegenübers entspricht.
  •  Mit Themenklau ist das von den meisten Menschen als einfühlsames Verhalten gemeinte „Das ist bei mir auch so, das kenne ich!“ gemeint. Darauf folgt jedoch oft eine Beschreibung unserer Probleme, mit denen wir das Problem unseres Gesprächspartners herunterspielen.

 Viele Menschen kommunizieren jeden Tag auf diese Weise. Nicht wissend, dass es sich dabei um die verletzende Sprache der Wölfe handelt. Dabei könnte es viel leichter sein – wenn man sich ein Beispiel an der Giraffe nimmt.

Die Giraffensprache ist einfühlsam und reflektiert

Das größte Herz aller auf dem Land lebenden Tiere hat die Giraffe. Giraffen stehen für Empathie, Einfühlsamkeit und Bedürfnisorientierung. Außerdem können sie wegen ihrem langen Hals alles von oben beobachten und haben somit einen guten Blick auf das, was unter ihnen geschieht. Kein Wunder, dass sie als Symbol für die gewaltfreie Kommunikation stehen.

Giraffen unterscheiden nicht nach „richtig“ und „falsch“. Sie achten auf die Gefühle, die mit einer Äußerung vermittelt werden und die dahinterliegenden Bedürfnisse. Diese Bedürfnisse können wir nur heraushören, indem wir aktiv zuhören, was uns unser Gegenüber sagt, und dann versuchen, herauszufinden, was damit gemeint ist.

Zudem bittet und wünscht die Giraffe, sie fordert nichts. Anstatt einen Angriff oder eine Beleidigung persönlich zu nehmen, versucht sie, auf ihr Gegenüber zuzugehen und die Beweggründe nachzuvollziehen.

In vier Schritten zur gewaltfreien Kommunikation

Gewaltfreie Kommunikation in 4 Schritten (eigene Darstellung)
Gewaltfreie Kommunikation in 4 Schritten (eigene Darstellung)

In jedem von uns steckt eine Giraffe und ein Wolf. Wichtig ist, zu erkennen, wer gerade aus uns spricht. Du kannst deinen Schüler*innen beibringen, wie sie mit der Giraffensprache leichter mit Konflikten umgehen und ihr eigenes Verhalten besser verstehen können.

  • Beobachtungsebene: Was ist gerade passiert?
  • Gefühlsebene: Wie geht es mir?
  • Bedürfnisebene: Was brauche ich jetzt?
  • Bitte: Wie kann ich mein Bedürfnis als Bitte formulieren?

Dank dieser Reflexion und Kommunikation weiß die andere Person, was in unserem Inneren vorgeht und kann darauf respektvoll reagieren. Genauso funktioniert das Ganze auch umgekehrt: Wenn unser Gegenüber erzählt, was er fühlt, welche Bedürfnisse er hat und uns bittet, etwas zu tun, schafft das Vertrauen. Wir können offen darauf reagieren und einfacher mit der Situation umgehen, als wenn uns die Schuld zugewiesen wird oder wir beschimpft werden.

Praxis-Tipps: Die Giraffen- und Wolfssprache funktioniert nicht nur in der Grundschule

Das Modell von Rosenberg findet oft in der Grundschule Einsatz. Du kannst die Giraffen- und Wolfssprache zum Beispiel spielerisch einführen, indem die Schüler*innen bestimmte Worte, Sätze oder Ausdrücke jeweils dem Wolf oder der Giraffe zuordnen.

Das Modell ist aber ebenfalls für Schüler in höheren Jahrgangsstufen interessant. Es erklärt sehr anschaulich, wie Selbstreflexion funktioniert und wie man eine Konfliktsituation gewaltfrei löst.

Die Grenzen des Modells liegen bei jedem Einzelnen selbst. Wenn jemand gerade nicht in der Lage ist, offen über seine Gefühle zu sprechen, dann kommt die Wolfssprache zum Einsatz. Das kann sich zum Beispiel so anhören: „Das möchte ich jetzt nicht, lass mich in Ruhe!“. Das passiert vor allem, wenn ein*e Schüler*in gerade einen Wutausbruch hatte. An dieser Stelle ist es sinnvoll, das Kind aus der Situation herauszunehmen und eine Weile zu warten, bevor man später versucht in der Giraffensprache den Konflikt zu lösen.

Fazit: Giraffen- und Wolfssprache bereichern deine Schüler*innen

Die Giraffen- und Wolfssprache nach Marshall Rosenberg hilft dabei, Konflikte im Schulalltag einfühlsam zu lösen, emotionale Intelligenz zu fördern und eine vertrauensvolle Klassengemeinschaft aufzubauen. Indem du deinen Schüler*innen den Unterschied zwischen verletzender und einfühlsamer Sprache aufzeigst, legst du einen wichtigen Grundstein für gegenseitigen Respekt und reflektiertes Handeln – Fähigkeiten, die weit über das Klassenzimmer hinauswirken.

FAQ zur Giraffen- und Wolfssprache

Was versteht man unter Giraffen- und Wolfssprache?

Die Giraffen- und Wolfssprache stammt aus dem Modell der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Während die Giraffensprache für einfühlsame, respektvolle Kommunikation steht, beschreibt die Wolfssprache eine verletzende, vorwurfsvolle Ausdrucksweise. 

Welche Beispiele gibt es für die Giraffen- und Wolfssprache?

Ein Beispiel für die Wolfssprache ist: „Boah, du bist echt schlecht in Mathe!“. Diese Aussage verletzt und stellt den anderen bloß. In der Giraffensprache würde man seine Worte mit Bedacht wählen, zeigt Mitgefühl und bietet Unterstützung an, ohne zu verurteilen: „Ich habe gesehen, dass dir die Matheaufgabe schwerfiel. Wenn du willst, können wir sie uns zusammen nochmal anschauen.“ 

Quellen

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Kommentare

Kommentar von Christiane

War sehr gut für mich diesen Artikel über Giraffen und Wolfssprache zu lesen.
Ich bin gerade in Therapie und werde versuchen auch dort gewaltfrei zu kommunizieren.

Liebe Grüße ?