Erfahrungsbericht: Praxissemester eines Lehramtsstudenten

Lesezeit:  13 Minuten
Letztes Update:  19.06.2023

Hier findet ihr einen Erfahrungsbericht zum Praxissemester eines Studenten, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sein Lehramtsstudium absolviert. Der Bericht informiert euch über den allgemeinen Aufbau und Ablauf des Praxissemesters und liefert euch insbesondere auch interessante Einblicke, wie dieser Abschnitt des Studiums aus der Perspektive eines Studierenden erlebt wird. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Erfahrungsbericht zum Praxissemester

Das erste Praxissemester während des Lehramtsstudiums ist schon einen Erfahrungsbericht wert!

Erfahrungsbericht zum Praxissemester von Dominic Dives

Aufbau und Ablauf

Nach langem Theorie-Studium und unzähligen Seminaren, Hausarbeiten und Referaten endlich vor einer Klasse stehen – ein besonderer Moment für jeden Lehramtsstudenten. Das aktive Unterrichten vor der Klasse ist für alle Studierenden der Friedrich-Schiller-Universität Jena fester Bestandteil des vorangeschrittenen Studiums und eines der Alleinstellungsmerkmale des sogenannten "Jenaer Modells der Lehrerbildung".

Für ein ganzes Semester, respektive Schulhalbjahr, heißt es hospitieren, Unterricht vorbereiten sowie halten und reflektieren. Über 200 Einrichtungen aller weiterführenden Schularten (Gymnasium, Realschule, Gesamtschule ...) bieten innerhalb Thüringens die Möglichkeit, das Praxissemesters zu absolvieren. Auf gesondertem Antrag hin ist es auch möglich, das Praxissemster an einer Schule außerhalb des Bundeslandes oder gar außerhalb Deutschlands abzuleisten.

Bis zu drei Praktikanten arbeiten dabei gemeinsam an einer Schule. Dies ermöglicht einen stetigen gemeinsamen Austausch sowie auf Wunsch gegenseitiges Hospitieren für anschließende Feedbackrunden. Um die Studierenden langsam an das Unterrichten heranzuführen und entsprechend vorzubereiten, besteht das Praxissemester aus drei ineinander greifenden Phasen: Die Einführungsphase, die Unterrichtsphase sowie die Diagnose- und Evaluationsphase. Jeweils einmal wöchentlich findet zum geregelten Schuldienst ein Blockseminar an der Universität statt, das zur gemeinsamen Reflexion und dem Vertiefen von theoretischem Wissen dient. Die Ziele und Kompetenzen, die innerhalb des Praxissemesters besonders herausgearbeitet werden sollen, sind unter anderem:

  • Das Kennenlernen des Berufsfeldes
  • Der Gewinn von Unterrichtskompetenz
  • Das Entwickeln von Lerndiagnose sowie Beratungs- und Evaluationskompetenzen

Eigene Eindrücke

Ich persönlich (Student für Kunsterziehung an Gymnasien) empfand das Praxissemester uneingeschränkt als Gewinn. Sowohl auf persönlicher Ebene als auch auf sozialer Ebene habe ich mich durch die Arbeit an der Schule weiterentwickelt. Besonders nach längerem Studium ohne direkten Kontakt zu einer Klasse und ohne konkrete Unterrichtssituationen war es eine willkommene Abwechslung, vor den Schülerinnen und Schülern zu stehen. Durch die obligatorische Einführungsphase werden auch diejenigen Studierenden ermutigt, die Lampenfieber vor ihrer ersten Unterrichtsstunde haben oder sich anderweitig unsicher fühlen. Über die gesamte Dauer des Praxissemesters ist ein zuständiger Fachkollege im Klassenzimmer präsent und kann gegebenfalls unterstützend eingreifen. Auch für Nachgespräche oder Absprachen zum Inhalt der Stunde stehen die entsprechenden Kollegen (Verantwortliche für Ausbildung) zur Verfügung. Daraus resultiert für den Studierenden ein Unterricht, in dem er zwar für die Führung und Inhalte verantwortlich ist, jedoch durch die Präsenz des Fachlehrers eine Absicherung erhält. Förderlich ist dies besonders hinsichtlich Disziplin und Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler.

Aktives, eigenes Unterrichten soll sich im Idealfall mit Hospitieren abwechseln und ergänzen und den eigenen Blick für konkrete Situationen schärfen. Wie gehe ich mit Störungen um? Wie aktiviere ich die Klasse? Wie gewährleiste ich angemessene Differenzierung?

Diese und weitere Fragestellungen sind auch zentrales Thema der begleitenden Lehrveranstaltungen an der Universität, die eingangs erwähnt wurden. Die Seminare finden in kleineren Gruppen (20-30 Personen) statt und werden oft durch Heimlektüre mit gezielten Schwerpunkten ergänzt. Diese Lehrveranstaltungen sind für viele Studierenden neben der zeitintensiven Arbeit an der Praxisschule jedoch oftmals eine zusätzliche Belastung, die nur widerwillig abgearbeitet wird – schließlich möchte man sich auf die Aufgaben an der Schule konzentrieren und ist durch den anhaltenden Wechsel von Vorbereiten, Durchführen und Evaluieren bereits vollends ausgelastet. Diese Kritik wurde von Seiten der Studierenden jedoch schon an die Universität herangetragen. Eine Vielzahl der Praktikanten würde es befürworten, wenn sich der Fokus im Laufe der kommenden Semester weiter zugunsten der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern verändern würde.

Aus Sicht des Studierenden sowie meiner Kommilitonen ergibt sich hier jedoch ein großer Kritikpunkt: Durch den anhaltenden Wechsel von Vorbereitung, Durchführung und Evaluation des Unterrichts sind die Studierenden bereits vollends ausgelastet. Die an der Universität zu bearbeitenden Aufgaben wirken hier wie eine Barriere, da sie vom Unterrichtsgeschehen im Praxissemester ablenken und daran hindern, sich zu 100 % auf die Praxisschule zu konzentrieren.

Abschließende Gedanken

Als Lehrerinnen und Lehrer werden wir später sicherlich vor unterschiedliche Herausforderungen gestellt, auf die uns kein Seminar und keine Vorlesung vorbereiten kann. Durch die persönlichen Erfahrungen im Praxissemester an den Schulen, das Unterrichten oder dem Kennenlernen von unterschiedlichen Herangehensweisen der Unterrichtsvermittlung wird es einem leichter fallen, auf die Bedürfnisse und Wünsche von Schülerinnen und Schüler einzugehen. Insbesondere im Hinblick darauf ist ein studienbegleitendes Praktikum an einer Bildungseinrichtung ein absoluter Gewinn für jeden Studierenden, egal, an welcher Hochschule man studiert.

Ich persönlich empfand das Praxissemester uneingeschränkt als Gewinn.

Weitere Tipps und Ratschläge für das Praxissemester über diesen Erfahrungsbericht hinaus

In diesem Erfahrungsbericht von Dominic Dives hast du viele interessante Tipps und Eindrücke aus erster Hand erfahren. Hier möchten wird dir noch weitere Tipps auf den Weg geben, die über den Erfahrungsbericht zum Praxissemster hinaus gehen. Wir gehen hier auf die Wichtigkeit von Transparenz im Unterreicht ein, warum du öfters auch Mut zur Lücke haben solltest und warum du das Rad im Praxissemester nicht neu erfinden muss.

Die Wichtigkeit von Transparenz

Gerade im Praxissesmester ist es wichtig deinen Schüler*innen möglichst früh mitzuteilen was du für die jeweiligen Unterrichtsstunden geplant hast. Sowohl die Angaben zum geplanten Stoff aber auch Zeiten zur Bearbeitung von Aufgaben dienen den Schülern zu Orientierung schaffen Transparenz im Unterricht.

Mut zur Lücke

Das Praxissemester ist ein Abschnitt im Lehrberuf, der viele neue Aufgaben und Herausforderungen beinhaltet. Gerade deshalb ist es wichtig den Überblick über deine Aufgaben zu behalten um den Unterricht strukturiert planen zu können. Aus diesem Grund ist es im Praxissemster daher oft besser nicht zu perfektionistisch zu sein und alles bis ins Details planen zu wollen. Oft ist es gerade die Improvisation im Unterricht die Praxis im Schulalltag interessant und abwechslungsreich macht, da hier vielmehr ein spontanes Handeln und ein kreatives Denken gefragt ist.

Das Rad nicht neu erfinden

Zu guter Letzt solltest du dir auch bewusst sein, dass du im Praxissemester nicht jedes Aufgabenblatt und weitere Unterrichtsmaterialien von dir selbst von Grund auf neu erstellt werden muss. Es gibt bereits viele und auch sehr gute Unterrichtsmaterialien, an denen du dich natürlich orientieren kannst und solltest. Du musst das Rad hier also nicht neu erfinden.

Eine ausführliche Übersicht und weitere Tipps findest du in unserem Artikel über Tipps für das Praxissemester.

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